Ein Schiedsgutachten stellt ein wichtiges Instrument zur außergerichtlichen Konfliktlösung dar. Es ermöglicht den beteiligten Parteien, Meinungsverschiedenheiten oder Streitfragen durch die Einschaltung eines neutralen und sachkundigen Gutachters zu klären. Im Gegensatz zu einem gerichtlichen Verfahren, das oft langwierig und kostspielig ist, bietet das Schiedsgutachten eine schnellere und häufig kosteneffizientere Lösung. Dabei geht es in der Regel um die Bewertung von Sachverhalten technischer oder wirtschaftlicher Natur.
- Was ist ein Schiedsgutachten?
- In welchen Fällen wird ein Schiedsgutachten benötigt?
- Wer kann ein Schiedsgutachten erstellen?
- Welche Rolle spielt die Unabhängigkeit?
- Wie wählt man den richtigen Schiedsgutachter?
- Wie wird ein Schiedsgutachten erstellt?
- Wie lange dauert die Erstellung?
- Kosten
- Welche rechtliche Bindung besteht?
- Was passiert, wenn eine Partei nicht einverstanden ist?
- Fazit
Alles auf einen Blick:
- Ein Schiedsgutachten wird von einer neutralen Person erstellt und dient der Konfliktlösung.
- Die Kosten werden entweder je zur Hälfte von den Vertragsparteien getragen oder der Unterlegene übernimmt sie. Auch anteilige Lösungen sind möglich.
- Anwendung findet diese Gutachtenart bei technischen und wirtschaftlichen Streitigkeiten. Rein rechtliche Fragen auch zur Vertragsauslegung können nicht geklärt werden.
- Das Ergebnis des Sachverständigengutachtens ist verbindlich.
- Die rechtliche Grundlage findet sich in den Paragraphen 317 bis 319 BGB.
- Schiedsklauseln in Verträgen können von Beginn einer Geschäftsbeziehung an die Gutachtenerstellung vorsehen.
Was ist ein Schiedsgutachten?
Es handelt sich dabei um ein Gutachten, das von einem neutralen und unparteiischen Sachverständigen erstellt wird. Die Beauftragung erfolgt von beiden Seiten gemeinsam oder wird von einer unabhängigen Stelle wie einer Industrie-und Handelskammer vorgeschlagen, um sicherzustellen, dass niemand bevorzugt wird. Es dient als außergerichtliches Mittel zur Konfliktlösung, bei dem die Beteiligten sich auf die Entscheidung des Gutachters einigen und diese als verbindlich akzeptieren. Dies kann dazu beitragen, langwierige und kostspielige Verfahren vor Gericht zu vermeiden. Die rechtliche Grundlage findet sich in den Paragraphen 317 bis 319 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Diese Paragraphen regeln die Bedingungen und den Ablauf sowie die Pflichten und Rechte der Beteiligten.
Schiedsgutachtervertrag
Ein solcher Vertrag legt die Rahmenbedingungen für das Schiedsgutachten fest, einschließlich der Auswahl des Gutachters, der Definition der Aufgabenstellung und der Regelung der Kosten. Die Voraussetzung: Die Vertragsparteien verpflichten sich darin, das Ergebnis des Schiedsgutachtens bezüglich des strittigen Sachverhalts zu akzeptieren und umzusetzen. Dieser Vertrag wird häufig vor Beginn des eigentlichen Verfahrens geschlossen und bildet die Grundlage für die spätere Arbeit des Schiedsgutachters.
Unterschied zu einem Schiedsgericht
- Entscheidungsträger: Im Gegensatz zu einem Schiedsgericht, bei dem ein Richter eine Entscheidung fällt, beruht das Schiedsgutachten auf der Expertise eines Sachverständigen.
- Vergleichbarkeit: Ein Schiedsgericht ist eher mit einem ordentlichen Gericht vergleichbar, während ein Schiedsgutachter spezifische fachliche Fragen klärt.
- Verfahren: Beide Verfahren dienen der außergerichtlichen Streitbeilegung, sie unterscheiden sich jedoch in ihrem Ablauf und ihrer rechtlichen Grundlage.
Wo finde ich einen Schiedsgutachter?
- IHK (Industrie- und Handelskammer): Viele IHKs führen entsprechende Listen. Man kann auf deren Websites nachsehen oder sich direkt an die IHK in der Region wenden.
- Handwerkskammer: Ähnlich wie die IHK führen auch Handwerkskammern Listen mit Sachverständigen, insbesondere für handwerkliche und technische Bereiche.
- Verbände und Fachgesellschaften: Es gibt viele Fachverbände und Gesellschaften, die Listen von zertifizierten Schiedsgutachtern führen. Dazu gehören zum Beispiel der Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger (BVS) oder andere branchenspezifische Verbände.
- Anwaltskammern: Die regionalen Anwaltskammern können ebenfalls Empfehlungen aussprechen, insbesondere wenn es um rechtliche Fragen geht.
- Rechtsanwälte und Notare: Anwälte und Notare haben oft entsprechende Kontakte.
- Empfehlungen und Netzwerke: Persönliche Empfehlungen aus dem eigenen Netzwerk können ebenfalls hilfreich sein. Kollegen, Geschäftspartner oder Freunde haben möglicherweise bereits Erfahrung mit Schiedsgutachtern und können weiterhelfen.
In welchen Fällen wird ein Schiedsgutachten benötigt?
Ein Schiedsgutachten wird häufig in komplexen wirtschaftlichen und technischen Streitigkeiten benötigt, bei denen eine objektive und fachlich fundierte Entscheidung gefragt ist. Typische Anwendungsfälle umfassen Bauprojekte, bei denen es zu Streitigkeiten über Baumängel, Bauverzögerungen oder Abrechnungsfragen kommt. Auch bei technischen Mängeln wie Problemen mit Maschinen, Anlagen oder Produkten, die spezialisierte Expertise erfordern, ist ein Schiedsgutachten von Nutzen. Zudem wird es bei wirtschaftlichen Disputen eingesetzt, beispielsweise bei Differenzen in Vertragsauslegungen, Unternehmensbewertungen oder finanziellen Abrechnungen. Ein Schiedsgutachten bietet sich ebenfalls an, wenn staatliche Gerichte überlastet sind oder eine schnelle Lösung erforderlich ist, um zeitaufwendige Gerichtsverfahren zu vermeiden.
Wer kann ein Schiedsgutachten erstellen?
- Sachverständige und Experten: Fachleute mit Spezialisierung und Erfahrung in einem bestimmten Bereich, wie etwa Ingenieure, Architekten, Ärzte oder Wirtschaftsexperten.
- Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige: Diese werden von öffentlichen Institutionen, wie beispielsweise der Industrie- und Handelskammer, bestellt und haben ihre besondere Qualifikation und Vertrauenswürdigkeit nachgewiesen.
- Schiedsgutachter: Personen, die speziell für die Erstellung von Schiedsgutachten qualifiziert sind und oft von den Konfliktparteien gemeinsam ausgewählt werden.
- Schiedsgerichte oder Schiedsstellen: Einrichtungen oder Gremien, die zur Schlichtung von Streitigkeiten eingerichtet wurden und ebenfalls Gutachten erstellen oder Sachverständige beauftragen können.
Welche Rolle spielt die Unabhängigkeit?
Ein unparteiischer Schiedsgutachter, der ohne jegliche Interessenkonflikte arbeitet, ist entscheidend für die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz des Gutachtens durch die Vertragsparteien. Die Unabhängigkeit des Gutachters wird durch vertragliche Vereinbarungen sichergestellt, die klare Regeln und Rahmenbedingungen zur Wahrung der Unparteilichkeit festlegen. Diese Vereinbarungen verpflichten den Gutachter, potenzielle Interessenkonflikte offenzulegen und, falls erforderlich, den Auftrag abzulehnen, um jeglichen Anschein von Befangenheit zu vermeiden. Durch diese Maßnahmen wird gewährleistet, dass das Gutachten als fair, objektiv und vertrauenswürdig angesehen wird, was wiederum die Bereitschaft der Parteien zur Anerkennung und Umsetzung der Gutachtenergebnisse fördert. So bleibt der Prozess transparent und das Vertrauen in die Entscheidungen des Gutachters wird gestärkt.
Folgen von Interessenkonflikten und Befangenheit
Wenn der Gutachter nicht unabhängig ist, können die Ergebnisse des Gutachtens infrage gestellt und möglicherweise vor Gericht angefochten werden. Dies kann zu Verzögerungen und zusätzlichen Kosten führen und das Vertrauen der Parteien in das Schiedsverfahren untergraben. Daher ist es von größter Bedeutung, dass der Gutachter seine Unabhängigkeit wahrt.

Gutachter oder Sachverständiger?
Die Begriffe Gutachter und Sachverständiger weisen keine Unterschiede in ihren Tätigkeiten und Aufgaben auf. Doch gibt es einen Unterschied?
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Wie wählt man den richtigen Schiedsgutachter?
Die Parteien sollten bei der Auswahl sorgfältig vorgehen. Es sollte jemand gewählt werden, der über die notwendigen fachlichen Kompetenzen sowie die erforderliche Unabhängigkeit und Integrität verfügt. Folgende Kriterien sollten ebenfalls erfüllt werden:
- Zertifizierungen und Qualifikationen: Der Sachverständige sollte über anerkannte Nachweise seiner Kompetenzen verfügen, die seine technische, wirtschaftliche oder rechtliche Expertise und Professionalität belegen. Dies zeigt, dass der Gutachter regelmäßig an Weiterbildungen teilnimmt und auf dem neuesten Stand der Technik und Wissenschaft ist.
- Erfahrung: Langjähriges Wissen in der Erstellung von Gutachten und in dem spezifischen Fachgebiet der Streitigkeit ist von Vorteil. Ein erfahrener Gutachter hat in der Regel schon viele ähnliche Fälle bearbeitet und kann daher fundierte und praxisnahe Empfehlungen geben.
- Anerkennung durch Fachverbände: Mitgliedschaften oder Auszeichnungen von relevanten Institutionen können die Glaubwürdigkeit des Gutachters erhöhen. Fachverbände legen häufig hohe Standards für ihre Mitglieder fest und bieten eine Plattform für den Austausch von Wissen und Best Practices.
- Vertraulichkeit: Der Schiedsgutachter muss in der Lage sein, den Schutz der Informationen und Daten der beteiligten Parteien zu wahren. Dies ist besonders wichtig, um das Vertrauen zu gewinnen und sicherzustellen, dass sensible Informationen nicht unbefugt weitergegeben werden.
Wie wird ein Schiedsgutachten erstellt?
- Auswahl des Gutachters: Die Parteien wählen gemeinsam einen qualifizierten und unabhängigen Gutachter aus.
- Festlegung des Auftrags: Man einigt sich auf den genauen Umfang und die Fragestellungen, die behandelt werden sollen.
- Vertragliche Vereinbarungen: Ein Schiedsgutachtervertrag wird erstellt, der die Aufgaben, Rechte und Pflichten des Gutachters sowie die Regeln zur Sicherstellung der Unabhängigkeit festlegt. Manchmal wird dieser auch bereits zu Beginn der Geschäftsbeziehung erstellt und muss nur noch herangezogen werden.
- Sammlung von Informationen: Alle relevanten Informationen, Dokumente und Beweise, die für die Bewertung notwendig sind, werden gesammelt.
- Analyse und Bewertung: Der Gutachter führt eine detaillierte Analyse der gesammelten Daten durch und bewertet die Sachlage anhand seiner fachlichen Expertise.
- Gutachtenerstellung: Der Gutachter fasst seine Ergebnisse schriftlich zusammen, mit einer klaren und nachvollziehbaren Begründung der Bewertungen und Schlussfolgerungen.
- Präsentation und Diskussion: Das Ergebnis wird den Parteien präsentiert und erläutert. Hier ist noch Raum für eventuell notwendige Diskussionen.
- Finalisierung und Einreichung: Das fertige Schriftstück wird offiziell den Parteien übergeben, und es wird dokumentiert, dass beide Parteien das Ergebnis erhalten haben.
Es kann nützlich sein, regelmäßige Updates und Zwischenberichte vom Gutachter zu verlangen, um den Fortschritt der Bewertung zu verfolgen und gegebenenfalls zusätzliche Informationen bereitzustellen.
Wie lange dauert die Erstellung?
Die Dauer der Erstellung eines Schiedsgutachtens kann je nach Komplexität des Falles und Umfang der notwendigen Informationen variieren. Typischerweise liegt der Zeitrahmen jedoch zwischen drei und sechs Monaten. Für einfache Fälle, bei denen nur wenige technische oder rechtliche Fragen zu klären sind, kann ein Schiedsgutachten innerhalb von wenigen Wochen erstellt werden. Hingegen kann es bei komplexeren Fällen, die umfangreiche Untersuchungen oder die Konsultation weiterer Experten erfordern, mehrere Monate dauern. Der Prozess kann beschleunigt werden, wenn die beteiligten Parteien eine offene und kooperative Haltung bei der Bereitstellung von Informationen einnehmen. Auch die zeitliche Verfügbarkeit und Arbeitsbelastung des gewählten Gutachters spielen eine wichtige Rolle und können die Dauer der Erstellung beeinflussen.
Kosten
Die Kosten können je nach Fall und Sachgebiet variieren. Die Honorare werden in der Regel nach Stundensätzen abgerechnet. Übliche Stundensätze liegen zwischen 85 und 115 Euro. Abhängig vom Sachgebiet können die Stundensätze auch bis zu 250 Euro betragen. Das Gesamthonorar eines Gutachters liegt typischerweise zwischen 1.500 und 3.000 Euro. In Ausnahmefällen kann es jedoch auch höher ausfallen – je nach Arbeitsaufwand. Zusätzlich zu den Honoraren müssen Auslagen wie
- Hilfskräfte,
- Schreibkosten,
- Fahrtkosten und
- Übernachtungskosten sowie
- die gesetzliche Mehrwertsteuer von 19 Prozent
berücksichtigt werden. Trotzdem: Die Kosten werden immer noch geringer sein als vor Gericht.
Die Verteilung der Kosten erfolgt je nach Vereinbarung zwischen den Parteien. Entweder trägt die unterliegende Partei die gesamten Kosten oder beide Parteien teilen sich die Kosten je zur Hälfte.
Welche rechtliche Bindung besteht?
Ein Schiedsgutachten hat eine bedeutende rechtliche Bindung, die auf dem Schiedsgutachtenvertrag zwischen den Parteien basiert. Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich in den Paragraphen 317 bis 319 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Diese Paragraphen regeln, dass die Entscheidung des Schiedsgutachters verbindlich ist, sofern die Parteien dies vorher vereinbart haben. Ohne diese Vereinbarung würde es sich nur um eine Empfehlung handeln. Die Kombination aus vertraglicher Verpflichtung und den BGB-Regelungen sichert die rechtliche Durchsetzbarkeit.
Durchsetzbarkeit
Es gilt keine unmittelbare gerichtliche Vollstreckbarkeit wie bei einem Gerichtsurteil oder einem Schiedsspruch im klassischen Sinne. Dennoch hat es eine starke vertragliche Bindungswirkung. Falls eine der Parteien es nicht anerkennt oder umsetzt, kann die andere Partei vor Gericht gehen und die Erfüllung auf der Grundlage des Schiedsgutachtenvertrags einklagen. Das Gericht wird in der Regel das Gutachten anerkennen, sofern es ordnungsgemäß und im Rahmen des Vertrags erstellt wurde.
Was passiert, wenn eine Partei nicht einverstanden ist?
Es gibt mehrere Gründe, warum ein solches Gutachten angefochten werden kann wie
- Vertragswidrigkeit,
- Fehlerhaftigkeit oder
- Befangenheit des Schiedsgutachters.
Ist eine Partei mit dem Feststellung unzufrieden, dann können folgende Möglichkeiten in Betracht gezogen werden:
- Überprüfung / gerichtliche Klärung: Die betroffene Partei kann eine Überprüfung beantragen, entweder vor einem Schiedsgericht oder einem ordentlichen Gericht, abhängig von den Bestimmungen im Schiedsvertrag.
- Anfechtung: Eine Partei kann das Papier anfechten, beispielsweise wegen Befangenheit des Schiedsgutachters, wesentlicher Verfahrensfehler oder Verstößen gegen zwingende rechtliche Bestimmungen.
- Gerichtliche Klärung: Wenn keine Einigung möglich ist, kann die unzufriedene Partei den Fall vor ein ordentliches Gericht bringen, das über die Gültigkeit entscheiden oder den Fall inhaltlich überprüfen kann.
- Einvernehmliche Lösung: Man kann versuchen, eine einvernehmliche Lösung zu finden, eventuell durch Mediation oder Verhandlungen, um das Schriftstück teilweise oder vollständig anzuerkennen oder eine neue Vereinbarung zu treffen.
- Neues Schiedsgutachten: In einigen Fällen ist es möglich, eine neue Variante von einem anderen Schiedsgutachter erstellen zu lassen, insbesondere wenn der ursprüngliche als befangen oder ungeeignet angesehen wird.
Fazit
Ein Schiedsgutachten stellt eine effektive und spezialisierte Methode zur außergerichtlichen Streitbeilegung dar, die insbesondere bei komplexen technischen und wirtschaftlichen Konflikten von großem Nutzen ist. Durch die Einbindung eines unabhängigen und fachlich qualifizierten Sachverständigen können Streitigkeiten schnell und verbindlich gelöst werden, was sowohl Zeit als auch Kosten spart. Wichtig ist, dass die Parteien vorab die rechtlichen Rahmenbedingungen und Kosten klären und sich auf einen kompetenten Schiedsgutachter einigen.