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Immobilen- und Baugutachten

Immobilienwert ermitteln: Kennen Sie den Wert Ihrer Immobilie?

Judith Müller
Verfasst von Judith Müller
Zuletzt aktualisiert: 27. Oktober 2022
Lesedauer: 9 Minuten
© paulbr75 / Pixabay.com

Ob Kauf oder Verkauf, Zwangsversteigerung, Erbschaft, Schenkung oder Vermögensaufteilung: Sobald eine Immobilie verkauft wird oder den Eigentümer wechselt, ist es oft notwendig, den marktüblichen Wert des Objekts bestimmen zu lassen. In Deutschland gibt es für eine objektive Immobilienwertermittlung drei verschiedene, genormte Berechnungsmethoden. Diese helfen sowohl Käufern als auch Verkäufern, einen realistischen Preis für ein Haus oder Grundstück zu berechnen.

Alles auf einen Blick:

  • In Deutschland gibt es drei anerkannte Methoden, um den Verkehrswert einer Immobilie zu ermitteln. Sie sind in der Immobilienwertermittlungsordnung (ImmoWertV) geregelt.
  • Diese Methoden heißen Vergleichswert-, Ertragswert- und Sachwertverfahren.
  • Die Wertermittlung führen speziell ausgebildete Architekten, Immobilienmakler, Bankkaufleute oder Bauingenieure durch. Bei einer Begutachtung vor Ort bewerten sie den baulichen Zustand des Objekts. Mithilfe wichtiger Unterlagen, zum Beispiel dem Bauplan oder dem Grundbuch, ermitteln sie im Anschluss den Immobilienwert.
  • Jedes Verfahren hat seine Stärken und Schwächen und eignet sich dadurch nur für bestimmte Immobilienarten und Nutzungsformen.
  • Ein Gutachten kann dabei sehr knapp oder besonders umfangreich ausfallen. Der Umfang richtet sich nach dem Zweck des Gutachtens.
  • Rechnen Sie beim Gutachterhonorar mit Preisen von 800 bis 2.800 Euro.

Allgemeines

Wer ein Haus verkaufen oder erwerben möchte, sollte dessen Wert möglichst genau kennen.

Objektive Verfahren zur Immobilienbewertung sind dabei für Käufer und Verkäufer eine große Hilfe. Geht es um den Verkauf eines Hauses aufgrund einer Vermögensaufteilung, zum Beispiel bei Erbengemeinschaften, ist ein Immobiliengutachten für das Gericht normalerweise unerlässlich.

Wie können Sie den Immobilienwert berechnen?

Um den Verkehrswert (auch: Marktwert) eines bebauten oder unbebauten Grundstücks herauszufinden, gibt es drei verschiedene Verfahren zur Immobilienwertermittlung:

  • Vergleichswertverfahren
  • Ertragswertverfahren
  • Sachwertverfahren

Alle drei Möglichkeiten sind durch die Immobilienwertermittlungsordnung (ImmoWertV) geregelt und entsprechen damit festgelegten Richtlinien und Normen.

Die Verfahren konzentrieren sich bei der Berechnung auf unterschiedliche Schwerpunkte und haben dadurch ihre Stärken und Schwächen. Je nachdem, wie das Gebäude genutzt wird und ob entsprechende Vergleichswerte mit anderen Immobilien vorliegen, entscheidet der Experte, welches Verfahren sich im Einzelfall zur Wertermittlung einer Immobilie eignet.

Wer führt Immobilienbewertungen durch?

Den Wert von Immobilien ermitteln Sachverständige für Immobilienbewertung. Das können unter anderem Architekten, Bauingenieure, Immobilienmakler oder Bankkaufleute mit einer entsprechenden Weiterbildung sein.

Ein Haus zu bewerten, ist deutlich komplizierter als das reine Anwenden von Rechenformeln. Allein um den Wert der Bausubstanz korrekt einzuschätzen, benötigen die Experten Fachwissen und Erfahrung. Wer die Wertermittlung auf eigene Faust und ohne entsprechendes Know-how durchführt, kann sich dabei ordentlich verkalkulieren und den Immobilienwert völlig fehleinschätzen.

Wie läuft die Immobilienbewertung ab?

Benötigen Sie für Ihre Immobilie eine Wertermittlung, vereinbart der Gutachter in der Regel einen Termin zur Erstbesichtigung mit Ihnen. Dabei verschafft er sich einen ersten Überblick über das Grundstück und alle baulichen Anlagen.

Anschließend benötigt er sämtliche Unterlagen von Ihnen, mit denen er eine Aufstellung aller bisherigen Einnahmen und Ausgaben anfertigen kann. Dazu gehören unter anderem:

  • Baupläne und Baubeschreibungen
  • Grundbuchauszug
  • Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen
  • Energieausweis
  • Wohn- und Nutzflächenberechnungen
  • Mietaufstellungen oder Kopien von Mietverträgen
  • Bei Eigentumswohnungen: Teilungserklärung, Protokolle der Eigentümerversammlung, Jahresabrechnungen, Wirtschaftsplan und Daten zur Instandhaltungsrücklage

Meist benötigt der Sachverständige auch eine Vollmacht von Ihnen, sodass er wichtige Unterlagen beim Bauamt, beim Grundbuchamt, beim Gutachterausschuss und bei anderen Behörden anfordern darf. Aufgrund dieser Daten erstellt der Experte nun ein mehr oder weniger umfangreiches Gutachten.

Je nach Zweck kann ein solches Gutachten sehr kurz sein und nur wenige Seiten umfassen oder sehr umfangreich ausfallen und die 30-Seiten-Marke überschreiten.



Verfahren der Immobilienwertermittlung

Für eine korrekte Immobilienwertermittlung gibt es in Deutschland drei genormte, von der ImmoWertV vorgegebene Berechnungsmethoden: das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren. Alle Verfahren ähneln sich darin, dass der Wert des Grundstücks, des Hauses und die bisherige Abnutzung in die Immobilienbewertung einfließen.

Vergleichswertverfahren

Beim Vergleichswertverfahren leitet sich der Verkehrswert einer Immobilie aus tatsächlich gezahlten Kaufpreisen vergleichbarer Immobilien in der Umgebung ab. Damit sich Immobilien miteinander vergleichen lassen, werden Merkmale wie Lage, Größe, Alter, Bauweise, baulicher und energetischer Zustand und Ausstattung berücksichtigt. Das Vergleichswertverfahren eignet sich besonders gut für Baugrundstücke, Eigentumswohnungen, Einfamilienhäuser, Reihenhäuser und Doppelhaushälften.

Die Berechnungsformel beim Vergleichswertverfahren lautet:

Verkehrswert = Gebäude-Grundfläche * Vergleichspreis pro m²

Der Wert der betroffenen Immobilie wird umso genauer, je mehr Vergleichsobjekte vorhanden sind. Darin liegt gleichzeitig eine Schwäche der Berechnungsmethode: In Regionen mit wenigen Vergleichsobjekten kann sich der Preis der Immobilie in beide Richtungen verfälschen und so zu hoch oder zu niedrig ausfallen.

Vorteile

  • Zur Grobeinschätzung für Laien gut geeignet
  • Beurteilung leicht nachvollziehbar
  • Präzise Abbildung des Immobilienmarktes

Nachteile

  • Nicht nutzbar ohne genügend Vergleichswerte (mind. 10 Objekte)
  • Ungeeignet bei außergewöhnlichen Immobilien

Ertragswertverfahren

Beim Ertragswertverfahren hängt der Verkehrswert der Immobilie eng mit den Erträgen zusammen, die die Immobilie erwirtschaftet. Dadurch eignet sich diese Berechnungsmethode nur für Immobilien, die Mieteinnahmen generieren, wie vermietete Häuser oder gewerblich genutzte Gebäude wie Büros. Mit dem Ertragswertverfahren erfahren Käufer nicht nur, wie viel Einnahmen sie durch die Mieten einer Kapitalanlage haben, sondern auch, wie viel Geld sie in die Immobilie investieren müssen.

Die Berechnungsformel beim Ertragswertverfahren lautet:

Verkehrswert (Ertragswert) = Bodenwert + Gebäudeertragswert der baulichen Anlagen

Der Gebäudeertragswert berechnet sich aus den üblichen Mieteinnahmen, den Bewirtschaftungskosten und der Bodenwertverzinsung. Anschließend muss er mit dem sogenannten Vervielfältiger, einem Anpassungsfaktor aus Restnutzungsdauer und Liegenschaftszins, multipliziert werden.

Vorteile

  • Eindeutige, marktnahe Immobilienwerte
  • Bewertung sehr praxisnah

Nachteile

  • Mietpreisentwicklung bleibt unberücksichtigt
  • Liegenschaftszins nicht für jede Gemeinde normiert

Sachwertverfahren

Mit dem Sachwertverfahren lässt sich der sogenannte Sachwert einer Immobilie berechnen. Dieser setzt sich aus dem Bodenwert des Grundstücks und dem Gebäudewert zusammen. Für letzteren werden die aktuellen Kosten eines baugleichen Neubaus ermittelt und davon die Alterswertminderung durch Abnutzung abgezogen. Da beim Sachwertverfahren das aktuelle und zu erwartende Marktgeschehen nicht berücksichtigt wird, muss der Sachwert immer mit dem sogenannten Marktanpassungsfaktor korrigiert werden.

Die Berechnungsformel beim Sachwertverfahren lautet:

Verkehrswert (Sachwert) = (Bodenwert + Gebäudesachwert) * Marktanpassungsfaktor

Das Sachwertverfahren eignet sich vor allem für die Wertermittlung von industriell und öffentlich genutzten Gebäuden, wie Fabriken oder Bahnhöfen. Oft wird das Sachwertverfahren auch ergänzend zum Vergleichswert- oder Ertragswertverfahren angewandt, um deren Ergebnisse zu bestätigen, oder wenn die anderen beiden Möglichkeiten nicht funktionieren.

Vorteile

  • Objektives Verfahren zur Ermittlung des Substanzwertes
  • Herstellungskosten nach aktuellem Preisniveau

Nachteile

  • Abhängig vom Marktanpassungsfaktor
  • Marktgeschehen wird nicht berücksichtigt
  • Zu wenig Daten für moderne Haustypen wie Passivhäuser

Kosten

Das Kurzgutachten nach einer Wertermittlung kann weniger als 100 Euro kosten, für ein umfangreiches Gutachten für teure oder komplexe Kapitalanlagen können dagegen weit mehr als 2.000 Euro fällig werden.

Wie viel kosten Immobiliengutachter?

Seit 2009 sind Immobiliengutachter nicht mehr an die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure gebunden, sondern dürfen ihre Preise selbst verhandeln. Erfahrungsgemäß sollten Sie für die Wertermittlung einer Immobilie durch einen Gutachter zwischen 800 Euro (für kleine Einfamilienhäuser) und 2.800 Euro (für größere Kapitalanlagen) einkalkulieren.

Diese breite Kostenspanne ergibt sich aus den vielen Faktoren, die für die Berechnung des Honorars eine Rolle spielen. Zum Großteil hängt das Honorar vom Wert des Objekts ab. Je größer, komplexer oder teurer die Immobilie ist, desto höher liegt der Preis für das Gutachten. Außerdem sind die Kosten abhängig vom Aufwand, den der Experte mit dem Gutachten hat. Das liegt teilweise auch am verwendeten Berechnungsverfahren. Das Ertragswertverfahren ist beispielsweise kompliziert, erfordert viel Erfahrung und ist sehr zeitaufwendig.

HINWEIS:
Manchmal ist ein Gutachten nicht nur zur reinen Einordnung des (Ver-)Kaufpreises notwendig, sondern es muss vor Gericht Bestand haben. Das kann beispielsweise bei Vermögensaufteilungen unter Erben oder bei der Auflösung einer Ehe der Fall sein. Solche Gutachten müssen besonders sorgfältig erstellt werden, umfassen oft viele Seiten und sind dadurch mit viel Aufwand verbunden. Folglich kosten solche Beurteilungen deutlich mehr als Kurzgutachten.
 

Prognose zur Immobilienpreis-Entwicklung

Wer auf Immobilien als Kapitalanlage setzen möchte, braucht Erfahrung, den richtigen Riecher und vor allem Glück. Denn die genaue Entwicklung der Immobilienpreise kann niemand genau voraussagen und bleibt daher reine Spekulation.

Wird der Wert von Immobilien weiter steigen?

Seit Jahren steigen die Immobilienpreise in Deutschland an und ein Rückgang scheint vorerst nicht in Sicht. Vor allem in Metropolen und den sogenannten A-Städten, also besonders begehrten Wohnorten, spitzt sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt immer weiter zu. Von einem kurzzeitigen Trend kann also keine Rede mehr sein. Allerdings sind sich selbst Experten nicht darüber einig, wie sich die Immobilienpreise in nächster Zeit entwickeln werden.

Während ein Teil der Fachleute bereits vor Jahren eine Wende in der Preisentwicklung prophezeite und das Platzen der Immobilienblase schon vor sich sah, ist sich der andere Teil sicher, dass der Preisboom noch lange nicht vorbei ist.



Fazit

Oft ist es so, dass Verkäufer den Wert ihrer Immobilie deutlich höher einschätzen als Käufer. Das liegt vor allem an den unterschiedlichen Sichtweisen. Der Verkäufer möchte einen hohen Preis herausschlagen, sodass sich für ihn der Verkauf überhaupt lohnt. Der Käufer sieht dagegen oft das Geld und die Arbeit, die er noch in die Immobilie stecken muss.

Haben beide Parteien gänzlich andere Preisvorstellungen, kann eine objektive Immobilienwertermittlung durch einen Fachmann helfen. Um diesen Wert zu ermitteln, gibt es in Deutschland drei genormte Methoden zur Wertermittlung: das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren. Alle drei Methoden basieren zwar auf ähnlichen Faktoren, berechnen sich aber grundverschieden und haben dadurch ihre Stärken und Schwächen. Aus diesem Grund eignet sich auch nicht jedes Rechenverfahren für jede Nutzungsform oder jedes Haus.

Den Immobilienwert korrekt zu ermitteln, ist ein kompliziertes und fehleranfälliges Verfahren. Um sich als Laie dabei nicht zu verkalkulieren und einen viel zu hohen oder niedrigen Verkehrswert zu berechnen, sollte der Wert von einem Sachverständigen in einem Gutachten ermittelt werden. Je nachdem, wie umfangreich dieses Gutachten ausfällt und ob es vor Gericht standhalten muss, können die Kosten dafür bis zu 2.800 Euro betragen. Besonders dann, wenn Sie eine teure, hochwertige oder außergewöhnliche Immobilie kaufen oder verkaufen möchten, ist es sinnvoll, den tatsächlichen Wert des Hauses vom Experten ermitteln zu lassen.

Über unsere*n Autor*in
Judith Müller
Judith studierte Technikjournalismus und Technik-PR. Während ihres Studiums lernte sie beim Radio, bei der Zeitung und in der Kommunikationsabteilung eines Automobilzulieferers. Im Anschluss volontierte sie beim Immobilienportal Immowelt und schrieb dort unter anderem auch für den Hausbau-Ratgeber bauen.de.