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Immobilen- und Baugutachten

ImmoWertV: Regelungen und Verfahren zur Wertermittlung

Jérôme Grad
Verfasst von Jérôme Grad
Zuletzt aktualisiert: 12. März 2020
Lesedauer: 7 Minuten
Wer seine Immobilie verkaufen möchte, nutzt die ImmoWertV zur Wertermittlung. © Gutachter.org

Die Immobilienwertermittlungsverordnung bietet die Grundlage zur Berechnung eines Grundstücks – ob mit oder ohne Gebäude. Um einen möglichst exakten Wert zu ermitteln, wird sie in Form von drei möglichen Verfahren angewendet. Diese Verordnung dient Käufern und Verkäufern gleichermaßen als verlässliche Verhandlungsbasis.

Alles auf einen Blick:

  • Die Immobilienwertermittlungsverordnung regelt, wie der Wert eines Grundstücks ermittelt wird. Sie hat die bis 2010 geltende Wertermittlungsverordnung abgelöst.
  • Sie bietet die Grundlage für alle Gutachten zur Immobilienwertermittlung, auf die sich Privatpersonen, Banken, Gerichte und Versicherungen berufen.
  • In der Neufassung der Wertermittlungsverordnung werden unter anderem die energetischen Eigenschaften der Gebäude berücksichtigt.
  • Für eine möglichst individuelle Berechnung des Grundstücks können Sachverständige auf die drei Verfahren Sachwertverfahren, Vergleichswertverfahren und Ertragswertverfahren zurückgreifen.

Definition

Die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) hat 2010 die Wertermittlungsverordnung (WertV) abgelöst. Sie berücksichtigt verschiedene Faktoren zur Ermittlung der Verkehrswerte von Immobilien, wie den Energiebedarf eines Hauses. Dafür ist sie in vier Abschnitte unterteilt, die die Herangehensweise regeln.

Was ist die Immobilienwertermittlungsverordnung?

Die Immobilienwertermittlungsverordnung, kurz ImmoWertV, ist die Nachfolgeverordnung der Wertermittlungsverordnung (WertV). Die vollständige Bezeichnung für die ImmoWertV lautet: Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken. Sie beruht auf §199 des Baugesetzbuchs (BauGB) und trat zum 1. Juli 2010 in Kraft. Damit löste sie die von 1988 bis 2010 geltende WertV ab.

WISSENSWERTES:
Der Verkehrswert ist nichts anderes als der aktuelle Marktwert einer Immobilie.
 

Notwendig wurde die Aktualisierung der WertV aus politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen:

  • Wiedervereinigung Deutschlands 1990, gleichbedeutend mit dem Beitritt der neuen Bundesländer
  • Neue Aufgabenbereiche Stadtumbau und Soziale Stadt
  • Internationalisierung des Immobilienmarkts
  • Weiterentwicklung beim Vorgehen der Wertermittlung zwischen 1988 und 2010

Diese Entwicklungen greift die ImmoWertV auf und berücksichtigt bei der Ermittlung des Grundstückswerts nun folgende weitere Aspekte, die das Vorgehen transparenter machen:

  • Energetische Eigenschaften als Gebäudemerkmal
  • Berücksichtigung der Wertrelevanz städtebaulicher Umstände, beispielsweise Stadtumbaugebiete
  • Erleichterung internationaler Vermittlungen, beispielsweise durch Discounted-Cash-Flow-Verfahren bei Grundstückswertermittlung
  • Regulierung der künftigen Wert-Entwicklungen, die für den Verkehrswert entscheidend sind

Was regelt die Immobilienwertermittlungsverordnung?

Die ImmoWertV, vormals WertV, regelt die Grundsätze zur Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken. Sie schafft die Basis für die Immobilienwertermittlung, indem sie auf die entscheidenden, individuellen Anforderungen zur Grundstückbewertung eingeht. So standardisiert und erhöht sie die Qualität der Gutachten. Dafür legt die ImmoWertV Regeln zur Immobilienwertermittlung für Gutachter wie Privatpersonen gleichermaßen dar.

So gilt es bei der Ermittlung des Werts in vergleichende und objektspezifische Beurteilungen zu unterscheiden. Erstere dient als Anhaltspunkt für einen in der Region üblichen Marktwert. Beispielsweise ist es ein Unterschied, ob Sie ein Grundstück mit einem Haus in Berlin oder ein unbebautes Grundstück in Oberfranken bewerten lassen. Letzterer berücksichtigt individuelle Punkte wie Baumängel oder Bauschäden.

Die ImmoWertV ist in vier Abschnitte untergliedert. Der erste Teil betrifft den Anwendungsbereich und allgemeine Verfahrensgrundsätze. Der zweite Teil regelt den Bodenrichtwert, der als einen Quadratmeter unbebauter Grund definiert ist. Der dritte Abschnitt erläutert die drei verschiedenen Wertermittlungsverfahren Ertragswert-, Sachwert- und Vergleichswertverfahren. Der letzte Abschnitt ist der Schlussvorschrift vorbehalten.



Anwendung

Die Immobilienwertermittlungsverordnung ist immer die Grundlage für die Bewertung eines Grundstücks oder eine Immobilie. Die daraus resultierenden Gutachten entsprechen den definierten Standards und halten bei Rechtsfragen, beispielsweise Scheidung oder Erbe, vor Gericht Stand.

Wer nutzt die Immobilienwertermittlungsverordnung?

Gutachter, Sachverständige, Banken, Gerichte und Versicherungen berufen sich auf die Standards der ImmoWertV zur Bestimmung der Grundstückswerte und Gebäudewerte. Die Verordnung dient Gutachtern dabei als bindender Leitfaden, welches Wertermittlungsverfahren bei der jeweiligen Immobilienwertermittlung anzuwenden ist.

Für Laien ist die Immobilienwertermittlungsordnung nur schwer zur Wertberechnung anzuwenden. So muss beispielsweise beim Sachwertverfahren der ermittelte Immobilienwert mit dem Marktanpassungsfaktor verrechnet werden. Viele Internetseiten bieten daher einen kostenlosen Wertermittlungsrechner an. Je nach Objektart, Lage, Zustand und Innenausstattung wird ein ungefährer Wert ermittelt. Solche Online-Rechner sind für einen Ersteindruck praktisch, eine detaillierte, fachmännische Berechnung ersetzen sie allerdings nicht. Zudem sind diese Werte bei Verhandlungen und vor Gericht nicht haltbar.

Wo wird die Immobilienwertermittlungsverordnung angewendet?

Die ImmoWertV wird stets zur gutachtlichen Bewertung von Grundstücken und derer Bestandteile – kurz gesagt des Verkehrswerts – genutzt. Zu den Bestandteilen gehören nach §1 der ImmoWertV Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie gewerblich genutzte Gebäude, beispielsweise Büroflächen. Für folgende Fälle können Sie solche Gutachten in Auftrag geben:

  • rechtliche Verfahren bei Scheidungen oder ungeklärten Erbfragen
  • Kauf oder Verkauf
  • Besteuerung der Immobilie

Verfahren zur Wertermittlung

Für die Wertermittlung stehen drei Verfahren zur Verfügung. Das Ertragswertverfahren eignet sich für Mietobjekte, das Vergleichswertverfahren, wenn ausreichend ähnliche Objekte in der Region zu Rate gezogen werden können. Das Sachwertverfahren ist bei nicht vermieteten Objekten das Mittel zur Wahl.

Welche Verfahren der Immobilienwertermittlungsverordnung gibt es?

Um den Wert einer Immobilie möglichst individuell zu bestimmen, gibt es drei verschiedene Verfahren:

Wo wird das Ertragswertverfahren angewendet?

Das Ertragswertverfahren wird vor allem bei renditeorientierten Grundstücken genutzt. Bei diesem Verfahren ermitteln Sachverständige den Bodenwert unabhängig vom Ertragswert des Gebäudes. Denn der Ertragswert des Gebäudes beruht auf Mieteinnahmen, der des Bodenwerts auf Vergleichen mit anderen Grundstücken. Zudem fließt bei der Wertermittlung der anzunehmende Mietertrag sowie die erwartete marktübliche Rendite mit ein.

Anwendung findet das Ertragswertverfahren beim Verkaufen von Mietobjekten. Dazu zählen Mehrfamilienhäuser mit Wohnungen sowie gewerblich genutzte Gebäuden, wie Büroräume oder Lagerhallen.

Wo wird das Vergleichswertverfahren angewendet?

Besonders empfehlenswert ist das Vergleichswertverfahren bei Reihenhäuser und Doppelhaushälften. Dabei errechnet der Gutachter mittels dieses Verfahrens den Wert einer Immobilie anhand der Verkaufspreise ähnlicher Objekte der Region.

TIPP:
Beauftragen Sie immer einen Gutachter aus der Region. Er kennt sich mit den Gegebenheiten vor Ort am besten aus.
 

Wichtig ist dabei, dass es ausreichend Grundstücke zum Vergleich gibt, um ein möglichst genauen Vergleichswert zu erhalten. Der Nachteil: Bei diesem Verfahren können individuelle Merkmale eines Gebäudes, wie das Alter, der energetische Zustand oder die Ausstattung, nur durch pauschale Zuschläge berücksichtigt werden.

Anwendung findet das Vergleichswertverfahren bei Hausbewertungen, Grundstücksbewertungen und Wohnungsbewertungen für folgende Anliegen:

  • Berechnung von Erbschafts- und Schenkungssteuer
  • Vermögensaufteilung beider Ehepartner bei einer Scheidung
  • Verkauf einer Immobilie
  • Bestandsaufnahme des Wohneigentums

Wo wird das Sachwertverfahren angewendet?

Das Sachwertverfahren wendet der Gutachter bei dem Bewerten von nicht vermieteten Immobilien an. Darunter sind einerseits selbst genutzte Immobilien, aber auch Fabriken oder öffentliche Gebäude, wie Bahnhöfe zu verstehen.

Bei diesem Verfahren lässt sich ebenfalls eine Trennung zwischen Bodenwert und Gebäudewert durchführen. Der Sachwert des Gebäudes ergibt sich aus der Differenz der Normalherstellungskosten abzüglich der Wertminderung. Die Summe des Bodenwerts und Gebäudewerts muss anschließend noch mit dem Marktanpassungsfaktor multipliziert werden.

Wissenswertes NHK 2010
Unter den sogenannten Normalherstellungskosten, auch gewöhnlichen Herstellungskosten, sind die Kosten zu verstehen, die zum Bau auf einem Grundstück angefallen sind. NHK 2010 steht dabei für die aktuelle Version. Diese beinhalten neben den Herstellungskosten, die sogenannten Kostenkennwerte, weitere Angaben zu der jeweiligen Gebäudeart wie die Höhe der eingerechneten Baunebenkosten und Korrekturfaktoren. Die NHK 2010 beruhen auf der DIN 277 und werden als Brutto-Grundflächenpreis in Euro pro Quadratmeter angegeben.
 


Fazit

Die neue Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) regelt die Grundsätze zur Immobilienwertermittlung. Sie legt also fest, welches der drei Verfahren wann zum Einsatz kommt. Denn je nach Grundstück kann für die bestmögliche Ermittlung das Sachwert-, Vergleichswert- oder Ertragswertverfahren sinnvoll sein.

Sie löste die alte Wertermittlungsverordnung im Jahr 2010 ab. Notwendig wurde die Anpassung der Wertermittlungsverordnung von 1988 aufgrund politischer und wirtschaftlicher Entwicklungen wie der Wiedervereinigung Deutschlands und der Internationalisierung des Immobilienmarkts. Zudem fordert die ImmoWertV, die in vier Abschnitte unterteilt ist, die Berücksichtigung der energetischen Eigenschaften eines Gebäudes. So kann die Wertermittlung noch transparenter, weil genauer, erfolgen.

Über unsere*n Autor*in
Jérôme Grad
Nach seinem Studium verschrieb sich Jérôme komplett der Tätigkeit als Redakteur, zunächst im Sportbereich, später im Zeitungsverlag. Journalistische Erfahrungen sammelte er in Print- und Onlineredaktionen, darunter unter anderem beim Kicker Sportmagazin und nordbayern.de.